Anlage-Umwelt-Problematik
- Anlage-Umwelt-Problematik
Anlage-Umwelt-Problematik
(
Erbe-Umwelt-Problematik): Kontroverse um die Frage, ob die Fähigkeiten und Fertigkeiten eines Menschen stärker (oder sogar ausschließlich) durch seine
Anlagen (die genetische
Ausstattung) oder durch Umwelteinflüsse (
Milieu) bestimmt werden.
In vielen Fällen steht dabei die
Intelligenzentwicklung im
Vordergrund, wobei die Anlage-Umwelt-Problematik dann wie folgt formuliert wird: Welcher Anteil der
Intelligenz eines Individuums wird durch die Anlagen, welcher durch die Umwelt bestimmt? Als
Antwort hierauf wird häufig das Zahlenverhältnis 80:20 angegeben. Kritiker halten bereits die Fragestellung für unsinnig (etwa D. O. Hebb mit seiner Bemerkung »Die Frage, wie groß der Beitrag der
Vererbung zur Intelligenz sei, ist ebenso unsinnig wie die Frage nach dem Beitrag der Breite zur
Fläche eines Feldes«) und meinen, es sei vernünftiger zu fragen, inwieweit die
Variation der Intelligenz durch Anlagen
respektive Umwelt bestimmt werde. Diese Frage ermögliche auch die Berücksichtigung anderer, die
Entwicklung eines Menschen beeinflussender
Faktoren, wie z. B. die bewusste
Selbststeuerung.
Im
Zentrum der so veränderten Fragestellung steht die
Erfassung von Merkmalsunterschieden in einer gegebenen
Population, wobei man als Maß für die Erblichkeit
Heritabilitätskoeffizienten zu ermitteln sucht. Für das Merkmal »Intelligenz« deuten in westlichen Ländern durchgeführte Untersuchungen auf eine Erblichkeit von circa 80 % hin, was wiederholt zu dem fatalen Missverständnis geführt hat, es sei wissenschaftlich erwiesen, dass die Intelligenz im Wesentlichen durch die genetische Ausstattung eines Menschen bedingt sei und durch Umwelteinflüsse (etwa frühes geistiges
Training) nur geringfügig beeinflusst werden könne.
Heute wird in der
Diskussion um Anlage und Umwelt weitgehend das von W. Stern angenommene
Konvergenzprinzip akzeptiert, dem zufolge die Entwicklung - insbesondere jene der Intelligenz - eine
Wechselwirkung von Anlage- und
Umweltfaktoren darstellt. Die
Erkenntnis, dass unterschiedliche Genotypen sowohl auf gleiche Umwelteinflüsse unterschiedlich als auch auf unterschiedliche Einflüsse gleich
reagieren, wird schon durch Tierexperimente erhärtet.
Universal-Lexikon.
2012.
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